Rechenschaftsberichte
Die Universitäten der Frühen Neuzeit waren im Gegensatz zu den mittelalterlichen Korporationen stärker in den sich entwickelnden Territorialstaat eingebunden, und daher nahmen die Fürsten und ihre Verwaltung verstärkt Einfluss auf die höheren Bildungsinstitutionen in ihrem Herrschaftsbereich. In diesen Kontext ist die Einführung der so genannten „Monath Zettel« oder Rechenschaftsberichte an der Universität Helmstedt einzuordnen. Der Landesherr, zugleich Rektor der Academia Julia, ließ durch seine Verwaltung die Berichte zur Kontrolle der universitären Lehre und der Arbeitsleistung der Professoren einfordern. In den Rechenschaftsberichten dokumentierten alle Dozenten die von ihnen gehaltenen öffentlich Vorlesungen zunächst halbjährlich und schließlich vierteljährlich, daher auch die ebenfalls übliche Bezeichnung „Quartalszettel«. Diese Berichte stellen eine seltene und gänzlich unerforschte Quelle für die Erforschung der frühneuzeitlichen Wissenschafts- und Bildungsgeschichte dar, einige von ihnen beinhalten sogar eine taggenaue Aufstellung der Lehrgegenstände und Lektionen.
Erste Regelungen zu Abgabefristen und Form der Rechenschaftsberichte lassen sich in einem herzoglichen Visitationsrezess aus dem Jahr 1597 finden; diese Verordnungen wurden in der Folgezeit und bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts immer weiter differenziert. Die Weitergabe der Rechenschaftsberichte an die landesherrliche Verwaltung verlief dabei nach einem festen Muster: Zunächst wurden die Berichte in mehrfacher Ausfertigung an die Dekane der vier Fakultäten weitergeleitet. Der Vizerektor ließ diese auf den regelmäßig stattfindenden Konsistorien (der Vollversammlung der Professoren) verlesen und mahnte mündlich und schriftlich ihre fristgerechte Abgabe an. In einem an den Herzog gerichteten Anschreiben berichtete der Vizerektor sodann detailliert über den Ablauf der Konsistorialsitzung. Das Anschreiben wurde zusammen mit den kopierten Rechenschaftsberichten an die Geheimen Räte der drei bzw. ab 1705 zwei welfischen Linien, die die Universität gemeinsam trugen, gesandt. Nach Erhalt überprüften die Räte des gerade als Rektor fungierenden Landesherrn die Vollständigkeit der Berichte. Fehlten Rechenschaftsberichte einzelner Professoren wurde dies verzeichnet und der Herzog schriftlich darüber informiert. Dieser ermahnte dann gegebenenfalls den Vizerektor.
Im Niedersächsischen Landesarchiv - Staatsarchiv Wolfenbüttel werden zwei Überlieferungsstränge der zwischen 1650 und 1760 nahezu geschlossen überlieferten Berichte aufbewahrt: Zum einen handelt es sich dabei um die Akten des Geheimen Rates in Wolfenbüttel, zum andern um die des ehemaligen Universitätsarchivs; beide befinden sich heute im Mischbestand 37 Alt.
Im Rahmen des Erschließungsprojekts wurden in einem ersten Arbeitsschritt die Berichte der Jahre 1701-1710 verzeichnet, da für diesen Zeitraum die gedruckten Vorlesungsverzeichnisse, also der lateinischen Lektionskataloge, nur lückenhaft überliefert sind. In den nächsten Arbeitsschritten wurden die frühen und späten Zeiträume 1653-1660 und 1750-1759 aufgenommen.
Die Aufnahme der Quartalszettel in die Datenbank hat nicht die Qualität einer Edition, sondern entspricht einer Transkription, wobei der Eindruck vom originalen Textaufbau erhalten bleibt. Die Transkriptionen befinden sich zurzeit noch in einer Korrekturphase. Bei der Datenbankrecherche stehen folgende Kategorien zur Verfügung: Name des Lehrenden, Berichtszeitraum, Fakultät, Lehrstuhl, Aktensignatur - eine Volltextsuche im eigentlichen Rechenschaftsbericht ist ebenfalls möglich. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer kombinierten Suchabfrage.