Die Bibliothek Duncan Liddels
Texte von Jane Pirie


Verzeichnis der Exponate

Copernicus: De Revolutionibus und Commentariolus

Ptolemaeus: Almagest

Die Prutenischen Tafeln

Buchgeschenke

Tycho Brahe und Liddel

Ein Katalog von Liddels Bibliothek

Liddels Anmerkungen

Die «Festschrift»

Textgenese der Ars medica und von De febribus

Botanik, Pharmazie und Herbarien

Medizin: Galen und Paracelsus

Petrus Ramus und die Mathematik

Die Chronologia des David Chytraeus

Einbände in Liddels Bibliothek

 

 

Copernicus: De Revolutionibus und Commentariolus

De revolutionbus De revolutionbus erschien 1543. Copernicus stellte darin die revolutionäre Theorie vor, dass die Sonne, nicht die Erde, im Zentrum des Kosmos stehe, womit er die etablierte geozentrische Theorie des Ptolemaeus verwarf. Copernicus vertrat auch die These, dass die Erde nicht statisch im Raum stehe, sondern um ihre Achse rotiere. Das Buch fand weite Verbreitung und wurde von den berühmtesten Mathematikern der Renaissance gelesen. 1566 erschien eine zweite Ausgabe.

Ausgestellt ist Liddels Exemplar der zweiten Ausgabe von De revolutionibus. Obwohl er ein Exemplar der Erstausgabe besaß, kommentierte er in dieser zweiten Auflage am intensivsten. Er versah es mit Anmerkungen und Diagrammen, die von ihm selbst und von dem berühmten Astronomen Paul Wittich stammen, der mit Liddel in Breslau studierte.

Berühmt ist dieses Exemplar von De revolutionibus dafür, dass es eine komplette Abschrift eines früheren Werks von Copernicus enthält, den Commentariolus oder «kleinen Kommentar». Es handelt sich um eine frühere Version der copernikanischen Theorie, dass die Sonne im Zentrum des Kosmos stehe, die unter Astronomen jahrelang zirkulierte, bevor sie in De revolutionibus endgültig publiziert wurde. Nur drei Abschriften des Textes sind bekanntermaßen erhalten, während Copernicus' Autograph verloren ist. Es wurde vermutet, dass der Commentariolus von Georg Rheticus an Thaddeus Hajek, von diesem an Tycho Brahe, von diesem an Heinrich Brucaeus und von diesem schließlich an Liddel weitergegeben wurde, der diese Abschrift erstellte, die die Vernetzung von Astronomen und Mathematikern im Europa des späten 16. Jahrhunderts bezeugt. Der Text ist auf Blättern geschrieben, die über das ganze Buch mit eingebunden sind. Jedes Blatt befindet sich an der dazugehörigen Stelle des Druckes.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi f521 Cop 2²

 

Ptolemaeus: Almagest

Ptolemaeus, Almagest Viele Bücher aus dem Besitz Liddels enthalten Hinweise auf persönliche Verbindungen zu Freunden und Kollegen. Vielleicht eines der deutlichsten Beispiele dieser Verbindungen ist der große Folioband mit vier verschiedenen Werken, darunter Ptolemaeus' Almagest und Euklids Elemente. Der Almagest ist bedeckt mit Anmerkungen von Liddels Lehrer Heinrich Brucaeus, er enthält aber auch eine Eintragung von Liddels bekanntestem, engsten und bewährtesten Freund, Cornelius Martini. Brucaeus lehrte Mathematik und Medizin in Rostock bis zu seinem Tod 1593. Neben Liddel unterrichtete er auch Franz Parcovius und Tycho Brahe.

Das Buch ist hauptsächlich von Brucaeus annotiert und spiegelt die Interessen, den kulturellen Hintergrund und die Lehraktivität eines Renaissancemathematikers. Es gibt kleinere Zusätze von Liddel. Ungewöhnlicherweise findet sich auf der der Titelseite des Almagest gegenüberliegenden Seite ein Epigramm von Liddels Hand. Es handelt sich um das Epitaphium Ptolemaei von Angelo Poliziano.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi f5131 Euc 1

 

Die Prutenischen Tafeln

Prutenische Tafeln Astronomische Tafeln wurden zur Berechnung der Planetenpositionen, Mondphasen, Sonnen- und Mondfinsternisse und des Kalenders benutzt. Obwohl mit Ungeduld erwartet, waren die Tafeln in Copernicus' De revolutionibus nicht sehr ausführlich. Erasmus Reinhold entschied, ein völlig neues Set astromischer Tafeln auf Basis von Copernicus' Berechnungen zu erstellen, die zu den Prutenischen Tafeln wurden. Diese Tafeln halfen bei der Etablierung und Verifizierung der Copernikanischen Theorie. Sie werden mitunter die Preußischen Tafeln genannt, nach Albert I., Herzog von Preußen, der Reinhold unterstützte und den Druck finanzierte.

Dieses Exemplar stammt aus dem Besitz Liddels und seines Rostocker Professors Brucaeus. Es enthält ausführliche handschriftliche Kommentare und Anmerkungen von Brucaeus. Diese Anmerkungen sind nicht nur wegen der Anwendung astronomischer Tafeln im späten 16. Jahrhundert interessant, sondern auch zur Erforschung der Verbindungen zwischen Astronomie und Literatur um diese Zeit: Der Katalog der Fixsterne ist ausgiebig mit Geschichten und Mythen über die Sternbilder und Zitaten aus klassischen Autoren versehen.

Die hier gezeigte Titelseite enthält Annotationen von Brucaeus und Überreste einer Eintragung Reinholds. Überliefert ist hier auch ein früher Namenszug Liddels, entstanden 1587 in Rostock.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi 524 Rei p

 

Buchgeschenke

Vita virorum illustrium Gezeigt wird ein Exemplar von Plutarchs «Parallelen Viten», das Biographien von 46 berühmten griechischen und römischen Philosophen und Politikern enthält. Die Lebensbeschreibungen sind in Paaren organisiert, die die Tugenden und Fehler im Leben der Griechen und Römer vergleichen. Das Buch war einer der «Bestseller» der Renaissance. Viele der lateinischen Übersetzungen wurden von führenden italienischen Humanisten verfasst und dienten Autoren wie Shakespeare und Dryden als Quellen.

Bücher waren teure Geschenke, aber Liddel erhielt viele. Diese Folio-Ausgabe der Vitae virorum illustrium erhielt Liddel von Heinrich Vestring (1562–1650). Vestring, der nur ein Jahr jünger war als Liddel, studierte in Rostock, nachdem Liddel dort 1587 graduiert worden war. Er wechselte dann nach Tallinn, wo er für den Rest seines Lebens als Lehrer und Pfarrer wirkte.

Die Widmung lautet: Hunc librum M. Duncano Liddel praeceptori suo multum colendo dedit in perpetuam sui memoriam profecturum Henricus Vestringij Wesphalius.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi f920 Vit

 

Tycho Brahe und Liddel

Epistolarum astronomicarum libri Duncan Liddel besuchte Tycho Brahe 1587 in seinem Observatorium auf der Insel Hven in Dänemark und erneut 1588, nachdem er den berühmten Astronomen zunächst in Rostock getroffen hatte. Brahe druckte und publizierte eine Anzahl von Werken in seiner Druckerei in Uranienborg, auf Papier aus der eigenen Papiermühle des Observatoriums.

Tycho Brahe scheint nur seine selbst hergestellten Bücher Bekannten gegeben zu haben. Dieser Band enthält seine Epistolarum astronomicarum libri und die Schrift De mundi aetherei recentioribus phaenomenis. Liddel machte in dem Band nur einige kleinere Anmerkungen, von denen eine auf dem Titelblatt sich auf die geographische Breite der Insel Hven bezog.

Durch Brahe erhielt Liddel die Gelegenheit, eine Kopie des Commentariolus herzustellen. Die beiden Männer scheinen in freundschaftlicher Beziehung gestanden zu haben, bis Brahe Liddel des Plagiarismus bezichtigte. Brahe hatte sein eigenes System der Planetenbewegung entwickelt, in dem die Sonne und der Mond die Erde, die anderen Planeten die Sonne, umkreisten. Er regagierte wütend, als andere Astronomen Varianten der Theorie als ihre eigene darstellten. Liddel lehrte bekanntlich alle drei Theorien der kosmischen Bewegung: die ptolemäische, die copernikanische und die tychonische, und er hatte mit Brahes Wissen verschiedene mathematische Verbesserungen und Ergänzungen an Brahes geoheliozentrischer Theorie vorgenommen. Tycho jedoch verdächtigte Liddel, seine Theorie zu lehren ohne genügend auf ihn als Urheber hinzuweisen, und das führte zu dem Plagiarismusvorwurf. Obwohl Liddel Brahe schrieb, um zu versichern, dass er ihn in seiner Lehre immer angemessen genannt hatte, akzeptierte Brahe Liddels Rechtfertigung nicht.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi 5204 Bra 1

 

Ein Katalog von Liddels Bibliothek

MSM 71 Es existiert kein Katalog aller Bücher in Liddels Bibliothek. Der erste, handschriftliche Katalog der gesamten Bibliothek des Marischal College, datiert aus den Jahren 1659 bis 1713.

Die erste Bücherliste umfasst verschiedene Legate, einschließlich Liddels, ist aber unvolständig. Aus der Liste wird deutlich, dass schon 1659 Liddels Bücher über die ganze Bibliothek, die in einer sachlichen Ordnung aufgestellt war, verstreut und nicht als separate Sammlung aufgestellt waren.

Am Ende der Handschrift finden sich vier Blätter mit dem Titel Ane catalogue of the books wanting of the Liberarie of Abd. 1659. Geschrieben von dem Bibliothekar Robert Downy, enthält diese Liste 38 Titel aus Liddels Bibliothek. Downy bekleidete in den Jahren 1632–1663 als erster offiziell das Bibliothekarsamt am Marischal College. Für seinen sorglosen Umgang mit den Büchern wurde er vom Rat der Stadt streng gemaßregelt. Die Handschrift enthält einen wehleidigen Bericht über all die fehlenden Bücher aus den verschiedenen Legaten an das College vor 1659. Von 38 Titeln aus Liddels Legat, die als verloren aufgeführt werden, sind mindestens acht im heutigen Bestand vorhanden. Interessanterweise werden Liddels eigene Exemplare seiner Ars medica und von De febribus schon hier als abgängig aufgeführt.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, MSM 71

 

Liddels Anmerkungen

Ein new Artzney Buch Viele der Bücher aus dem Besitz Liddels enthalten handschriftliche Anmerkungen und Notizen. Liddel annotiert fast durchgängig in Latein, auch dann, wenn die Sprache des Buches eine andere ist. Ein interessantes Beispiel dafür findet sich in seinem Exemplar von Christoph Wirsungs Artzney Buch von 1582.

Ein new Artzney Buch enthielt über 15.000 Verschreibungen und war eines der frühesten volkssprachlichen Rezeptbücher. Es wurde schnell zu einem der populärsten medizinischen Bücher des späten 16. Jahrhunderts und wurde vielfach gedruckt sowie ins Niederländische und Englische übersetzt.

An einer Stelle ist Liddels Exemplar dieses Buches stark angesengt. Viele der Seiten gingen verloren oder verkohlten bis zur Unlesbarkeit. Liddel und eine andere Person haben den fehlenden Text auf vollständige Ersatzseiten transkribiert und Papierstücke angeheftet. Während Liddels Helfer wortgetreu aus dem deutschen Text kopiert, schreibt Liddel entweder nur die Überschrift jedes Rezepts in der deutschen Originalversion ab oder er wechselt schnell ins Lateinische Es gab um diese Zeit keine verfügbare lateinische Version dieses Artzney Buch , so dass die lateinische Übersetzung Liddels eigene sein dürfte.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi f616 Wir

 

Die «Festschrift»

The 'Celebration Book Dieser kleine Band enthält vier kurze Werke, drei davon erschienen 1596, als Liddel seinen medizinischen Grad erwarb. Als Teil des Prüfungsprogramms musste er eine Liste von Thesen öffentlich verteidigen, die später im Druck erschienen. Liddels Disputation behandelte die Melancholie und wurde unter dem Helmstedter Mediziner Franz Parcovius als Präses (oder Prüfer) abgehalten.

Obgleich ein Teil der akademischen Prüfung, waren solche öffentlichen Disputationen auch wichtige Zeremonien und Feiern. Der Band enthält ein Gratulationsgedicht von Liddels Freund Cornelius Martini und eine Sammlung von Lobgedichten von Liddels Freunden und Kollegen in Helmstedt. Überliefert ist auch eine frühere Disputation, die von Martini unter Liddels Vorsitz verteidigt wurde, was angesichts der Freundschaft zwischen beiden auch eine sehr frequentierte Veranstaltung gewesen sein dürfte.

Eine öffentliche Disputation fand oft an Sonn- oder Feiertagen statt. Der 23. September, an dem Liddels Doktordisputation stattfand, fällt auf das Herbst-Äquinoktium, an dem in Deutschland vielerorts Erntefeste begannen.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi 61689 Lid t

 

Textgenese der Ars medica und von De febribus

Über 80 medizinische Werke in Liddels Bibliothek sind akademische Disputationsschriften, die von Studenten mit Liddel als Präses verteidigt wurden. Einige von diesen bildeten die Basis für Liddels veröffentlichte medizinische Werke, die Ars medica und De febribus. Sie zeigen die Entwicklung von einer akademischen Disputation, die von Liddels Studenten präsentiert wurde, über die «Korrekturfahnen» derselben Werke, die von anderen Respondenten präsentiert wurden, und die Liddel von Hand korrigierte, hin zum am Ende gedruckten Werk.

Im ersten Band wird jede Disputation für sich publiziert, mit einer gesonderten vollständigen Titelseite, einem Seitenverzeichnis und Druckerkolophon. Der zweite Band enthält auf das Wort genau dieselben Schriften, aber mit anderen Respondenten. Hier gibt es keine einzelnen Titelseiten, nur Kopfzeilen, und der Band hat ein Gesamtregister, was anzeigt, dass das Buch in einem Stück gedruckt worden ist. Der Band wurde von Liddel ausgiebig mit Anmerkungen und Korrekturen versehen und durch Abschnitts- und Kapitelüberschriften ergänzt. Vergleicht man diese Seiten beispielsweise mit De febribus, so wurden hier handschriftliche Notizen und Druck zu einem kontinuierlichen Text kombiniert.

Es handelt sich um ein seltenes, vielleicht einzigartiges Beispiel dafür, dass Lehrwerke bis zu ihrer abschließenden Publikation im Gebrauch verbessert wurden.

Disputatio de febribus secunda Disputationibus de febribus De febribus libri tres
pi 6102 Lid di SB 6102 Lid d SB 61692 Lid d 12

 

Botanik, Pharmazie und Herbarien

Antoine du Pinet (16. Jh.): Historia plantarum Um die dreißig von Liddels Büchern betreffen die Identifikation von Pflanzen und Kräutern und ihren Gebrauch bei der Herstellung von Medikamenten. Liddel lehrte Medizin nicht nur, sondern praktizierte selbst als Arzt. Er wurde Hofarzt beim Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel und behandelte den Herzog und seine Familie. Bei seiner Rückkehr nach Schottland setzte er seine Behandlungstätigkeit fort.

In Wolfenbüttel hatte Liddel Zugang zu einem der erlesensten Renaissancegärten in Europa, der für seinen Reichtum an Kräutern berühmt war.

Liddel besaß Taschenherbarien, die für den Gebrauch außer Haus gemacht waren. Eines, von dem französischen Botaniker Antoine du Pinet, wurde von Liddel stark mit zusätzlicher Information über die Heilkräfte von Pflanzen und mit Rezepten annotiert. Liddel war zuletzt der dritte Eigentümer dieses Exemplars, das er 1596 erwarb, im Jahr seiner Promotion zum Doktor der Medizin in Helmstedt.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi 58 Du P 1

 Christopher Plantin (ca. 1520–1589): Icones stirpium, seu plantarum tam exoticarum quam indigenarum.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi 58 Ico

 

Medizin: Galen und Paracelsus

Liddel studierte und praktizierte Medizin zu einer Zeit, als die Relevanz der traditionellen medizinischen Texte zur Debatte stand. Traditionalisten folgten den Lehren des Galen aus dem 2. Jahrhundert, während die innovativer eingestellten Mediziner die umstrittenen Werke des Alchemisten Paracelsus aus dem 16. Jahrhundert verwendeten.

Liddel besaß sieben Werke von Galen und zwölf von Paracelsus. Die meisten von diesen enthalten ausgiebige Randnotizen von seiner Hand. Liddel studierte beide Autoren intensiv und erkannte die Relevanz der zwei medizinischen Schulen; möglicherweise suchte er nach einem Mittelweg zwischen beiden.

Zusätzlich zu den zahlreichen Marginalien, die in Liddels Exemplaren der Werke von Paracelsus und Galen erscheinen, ist ein Blatt in seinem Exemplar von Petrus Severinus' Idea medicinae philosophicae erhalten, das er eilig mit Paradoxa Paracelsi betitelte. In einigen der gedruckten Werke Liddels sind Nachsätze zu einzelnen Abschnitten enthalten, in denen er die von ihm so genannten Paradoxa Paracelsistarum weiter erkundet.

Liddels Randnotizen sind ein Beispiel für die Debatte über Lehre und Studium der Medizin am Ende des 16. Jahrhunderts.

Paracelsus: Erster[-Zehender] Theil der Bücher und Schrifften des Edlen…. Petrus Severinus: Idea medicinae philosophicae Galen: De sanitate tuenda
SB 1895 Par pi 5401 Bon pi 8889:61 Gal sa

 

Petrus Ramus und die Mathematik

P. Rami scholarum mathematicarum libri unus et triginta Petrus Ramus (1515–1572) war ein erklärtermaßen revolutionärer Lehrer und Denker. Er sah Mathematik als ein für alle Studien essenzielles Fach, und er revolutionierte die mathematische Lehre an der Universität Paris, wo er las. Er propagierte Mathematik und Astronomie als ernst zu nehmende Fächer und wertete die Mathematik stark auf. Seine Fähigkeiten als Mathematiker in Kombination mit seinen starren Sichtweisen bewirkten, dass seinem Werk nicht immer mit Sympathie begegnet wurde.

Liddel machte viele Marginalien in seinem Exemplar dieses Werkes. Ramus war Copernicus' Theorie der Planetenbewegung gegenüber kritisch, weil sie hypothetisch war und nicht auf Beobachtung beruhte. Liddel seinerseits war Ramus gegenüber sehr kritisch und vermerkte, dessen Postulat sei «unmöglich und absurd» und dass dieser «über Hypothesen lacht». Dabei gab Liddel die Auffassungen Brahes wieder, der Ramus 1569 traf und seine Auffassung von Hypothesen schwer zu akzeptieren fand.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi 5102 LaR S 1

 

Die Chronologia des David Chytraeus

Chronologia Historiae Herodoti et Thucydidis David Chytraeus (1530–1600) war ein lutherischer Theologieprofessor in Rostock. Seine Chronologia war eine graphische Geschichte der Ereignisse seit der Schöpfung, die Ereignisse der profanen antiken und der biblischen Geschichte synchronisierte. Von besonderem Interesse war die Debatte über das wirkliche Datum der Geburt Christi.

Liddel hat möglicherweise in Helmstedt über diesen Text gelesen, und unzweifelhaft ist dieses Exemplar der Chronologia eines der am stärksten kommentierten. Es ist auch mit Blättern durchschossen, auf denen Liddel eine Reihe von Themen behandelt hat. Die hier gezeigte Seite trägt den Titel Errores papae (Irrtümer des Papstes) und scheint sich auf das Trienter Konzil zu beziehen. Liddel hat sich selten zu theologischen Fragen geäußert, und dieser Band ist klar einer von denen, die ein näheres Studium verdienen.

Abbildung aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi 888104 Chy

 

Einbände in Liddels Bibliothek

Die meisten Bücher in Liddels Sammlung tragen noch ihren originalen, zeitgenössischen Einband. Einfaches Pergament und Pergament über Pappdeckeln bilden meistens die Decken in Liddels Sammlung. Liddels Exemplar von De revolutionibus, das den Commentariolus enthält, war, bis vor kurzer Zeit, in einfaches Pergament gebunden.

Aufgrund ihrer Bindung einfach Liddel zuzuordnende Bücher sind die, die in Handschriftenfragmente gebunden sind. Einige sind völlig mit Pergamentstücken aus Handschriften bedeckt, und viele andere enthalten Handschriftenfragmente oder Stücke als Teil des Rückens oder Spiegels. Viele der Fragmente stammen aus liturgischen Büchern, einige davon mit Neumen. Diese Einbände werden typischerweise bei vielen von Liddels Sammlungen kürzerer Pamphlete und bei zusammengebundenen Disputationsschriften benutzt.

Es besteht eine große Einheitlichkeit in vielen der Einbände, die als Anzeichen für eine zeitliche Nähe der Bindungen gelten kann. Mit Sicherheit wurden einige gebunden, nachdem sie von Liddel annotiert worden waren, da einige der Anmerkungen angeschnitten sind. Auch das deutet darauf hin, dass Liddel selbst auswählte, welche Papiere und Pamphlete zusammengebunden werden sollten. Man kann sogar spekulieren, dass diese provisorischen Bindungen für den Transport der Bücher nach Schottland angebracht wurden.

Die Einbände zeigen Liddels Bibliothek nicht als die eines wohlhabenden Bibliophilen. Es gibt keinen Hinweis, dass die äußere Ansehnlichkeit der Bücher ihm besonders wichtig war. Es war eine Arbeitsbibliothek, und Liddels Interesse an ihr scheint vor allem dem Inhalt gegolten zu haben. Es kann als gesichert gelten, dass er Bücher nicht wegen ihres Sachwertes oder ihrer äußeren Erscheinung kaufte. Die Bindungen beweisen zudem, dass die Bücher aus Nordeuropa stammen.

Liddel besaß Bücher mit dauerhaften und typisch nordeuropäischen Einbänden: Holztafeln mit Schweinslederbezug und Prägemuster. Einige, wie die vier Foliobände von Galens Werken, sind schöne Beispiele für diesen Einbandtypus. Die Galen-Bände tragen eingeprägte Porträts von Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und seinem Sohn Heinrich Julius, die die Verbindung zwischen Liddel und seinen Förderern weiter belegen können.

Image showing four of Liddel's books bound in vellum manuscript waste: pi 52089 a; pi 5204 Bra 1; pi 6102 Lid di; pi 6102 Lid dis. Selection from the Liddel Library Galen: Omnia, quae extant, in Latinum sermonem conversa …

Abbildungen aus: Aberdeen, Sir Duncan Rice Library, pi 52089 a, pi 5204 Bra 1, pi 6102 Lid di und pi 6102 Lid dis.